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Stein und Wein: Vom Auggener Steinacker durch die Reben nach Mauchen

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Am Wochenende wäre eigentlich Winzerfest in Auggen gewesen. Zugleich war Tag des Geotops. Am Wochenende zuvor  war Tag des offenen Denkmals. Also haben wir unsere kleine Wanderung unter das Motto „Stein und Wein“ gestellt. Wir haben eine etwa elf Kilometer lange Rundwanderung ab dem Waldparkplatz Steinacker bei Auggen ausgearbeitet. Gestartet sind wir aber in Müllheim und über Vögisheim und Zizingen zum Steinacker gelaufen. So kamen wir insgesamt auf rund 15 Kilometer.


Warum „Stein und Wein“

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Im Gewann Steinacker – wo die Gemarkungen von Auggen, Feldberg und Mauchen aneinanderstoßen – haben sich vor rund 70 000 Jahren schon die Neandertaler niedergelassen und in der Mauchener Talmulde Jagd auf Wildpferde, Hirsche und Rentiere gemacht. Das besondere an der Fundstelle im Gewann Steinacker ist die Tatsache, dass dort für zwei Epochen Nachweise für eine Besiedlung gefunden wurden. Zu finden sind Reste  einer rund 30 000 Jahre alten gravettienzeitlichen Besiedlung. Gräbt man tiefer, finden sich rund 70 000 Jahre alte Spuren der Neandertaler. Hier konnten zum ersten Mal in Baden-Württemberg Aktivitäten des Neandertalers in einer Freilandstation nachgewiesen werden
(Nachrichtenblatt Universität Heidelberg/PDF). Neben den Tieren; die durch die Täler der Vorbergzone streiften, waren es die Feuerstein-Vorkommen; die sowohl den Neandertalern als auch den jungsteinzeitlichen Menschen als Grundlage für die Herstellung von Werkzeugen und Speerspitzen dienten.

Es braucht schon etwas Phantasie, sich vorzustellen wie Wildpferde, Elche und Rentiere zur Zeit der Neandertalter hier durch Wiesen und Wälder streiften. Die Gräser waren morgens vielleicht mit einer dicken Reifschicht bedeckt, denn die Jahresdurchschnittstemperatur lag vermutlich bei etwa 4 Grad Celsius und an mehr als der Hälfte der Tage im Jahr lag Schnee. Schwer vorstellbar an einem Spätsommertag, an dem das Thermometer wieder auf 29 Grad Celsius klettert.

Auf einem Acker auf Gemarkung Feldberg finden auch dieses Jahr wieder Ausgrabungen durch das Landesdenkmalamt statt. Steinzeit-Jäger im Mauchener Tal

Hier ein Video vom Wirtschaftsministerium zum Denkmaltag und der Ausgrabung bei Feldberg.


Wir starten in Müllheim und gehen Entlang des Rückhaltebeckens Neumattbach über Vögisheim und Zizingen zum Waldparkplatz Steinacker.

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Beim Wegweiser Steinacker geht die eigentliche Tour los. Wir gehen im Gegenuhrzeigersinn, laufen also erstmal durch die Reben in Richtung Auggen.

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Wir folgen in Auggen dem Rotwegle mit der  gelben Raute in Richtung Kirche.

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Von der Kreuzkirche geht zum Pfarrhaus und wir folgen dem Wegweise und der Markierung des Markgräfler Wiiwegli durchs Oberdorf beziehungsweise den Erzbuck in Richtung Schliengen..

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Blick auf die Kreuzkirche (oben) und über das Rheintal zu den Vogesen (unten)

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Da wir von zuhause losgelaufen sind, haben wir ein Fläschchen davon fürs Vesper im Gepäck.

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Und plötzlich ein Grenzstein mit dem Baslerstab. Wir sind in Steinenstadt. Nein, wir haben uns nicht verlaufen. Zwischen Auggen und Schliengen gibt es im Rebberg eine Exklave des  Neuenburger Ortsteils.

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Am Killberg machen wir eine kleine Rast und packen unsere Thermoskannen aus.

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Beim Wegweiser Roggenbach sind wir auf Schliengener Gemarkung, ab hier folgen wir nicht mehr dem Wiiwegli sondern dem Schliengener Weinlehrpfad in Richtung Mauchen.

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Beim Aussichtspunkt Himmelberg haben wir einen Blick auf die Rheinebene, das Schliengener Gewerbegebiet am Sonnenstück sowie auf die Winzergenossenschaft und die St. Leodegar-Kirche.

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Auf der anderen Seite des Himmelbergs blicken wir auf das Burgunderdorf Mauchen.

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Am Bammerthäusle „Rebflurbereinigung Mauchen Halde“ packen wir dann unser Vesper und das kleine (0,25 l) Fläschen Spätburgunder aus.

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Am Wegweiser Kreuzmatt halten wir uns links und gehen in Richtung Töpferei.

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Wir halten uns rechts in Richtung Nikolauskapelle und kommen am Mauchener Dorfbrunnen vorbei.

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Der im Jahr 2010 eingeweihte Brunnen wurde vom Künstler Reinhard Bombsch geschaffen und ist dem Burgunder-Wein gewidmet.

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Bei der Nikolauskirche halten wir uns links  in Richtung Vögisheim und kurz bevor wir das Dorf verlassen biegen wir nach rechts auf einen Feldweg ab. Wir folgen der gelben Raute bergauf. Vor einem Wäldchen geht es dann nach links, auf den Käferholzweg.

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Beim Wegweiser Lielbuck biegen wir links ab und folgen dem Wegweiser in Richtung Langfuhren.

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Beim Wegweiser Langfuhren folgen wir dem Weg in Richtung Rütte/Saatschulweg und müssen einmal die Mauchener Straße überqueren.

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Wir kommen an der archäologischen Ausgrabung vorbei und folgen dem Wegweiser Rütte/Saatschulweg zum Waldparkplatz Steinacker.

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Hier ist die Tour vorbei, wir laufen wieder über Zizingen und Vögisheim nach Hause.

Mehr Bilder bei Google Fotos im Album Stein und Wein: Vom Auggener Steinacker durch die Reben nach Mauchen


Karte


Fotografie

Zeitreise ins Mittelalter

Archäologische Ausgrabung Neuenburg
Die gefundenen Kellermauern und Fundamente reichen bis ins 12. Jahrhundert zurück.

Einzig der Verlauf von Schlüsselstraße und Breisacher Straße weisen in der Zähringerstadt Neuenburg noch auf den mittelalterlichen Stadtgrundriss hin. Mittelalterliche Fassaden findet man vergebens, dafür haben über Jahrhunderte nicht nur Hochwasserkatastrophen sondern auch immer wieder kriegerische Auseinandersetzungen gesorgt. Das die Stadt immer wieder auf dem Schutt neu aufgebaut wurde, hat aus denkmalschützerischer Sicht auch den Vorteil, dass die Fundamente der mittelalterlichen Stadt erhalten blieben. Diese schlummern nur circa zwei Meter tief in der Erde verborgen.

Archäologische Ausgrabung Neuenburg
Meter für Meter sondieren die Grabungshelfer das Gelände.

Die geplante Neugestaltung des Areals zwischen Schlüssel- und Metzgerstraße bietet nun die Gelegenheit für eine Zeitreise ins Mittelalter. Seit Mitte Mai finden hier archäologische Ausgrabungen statt. Diese Woche präsentierten Dr. Bertram Jenisch vom Landesdenkmalamt, Grabungsleiter Stefan Kaltwasser und Neuenburgs Bürgermeister Joachim Schuster auf der Grabungsstelle die ersten Funde und Erlebnisse.

Archäologische Ausgrabung Neuenburg
Bertram Jenisch (l.) und Grabungsleiter Stefan Kaltwasser in einem mittelalterlichen Keller, der vermutlich bis ins 17. Jahrhundert genutzt wurde. Rote und schwarze Verfärbungen an den Wänden deuten auf einen Brand hin.

„Das mittelalterliche Neuenburg ist fast zu 100 Prozent erhalten, aber alles zwei Meter unter der Erde“, sagt Dr. Bertram Jenisch. Die mittelalterliche Stadt ist von den Fundamentstrukturen fast vollständig erhalten. Die auf dem Areal zwischen Schlüssel- und Metzgerstraße gefundenen Mauerreste reichten vom Zeithorizont bis in die Zeit der Stadtentstehung um das Jahr 1200. Es handele sich dabei um die älsteste bislang in Neuenburg bekannte Steinbebauung.
„Wenn die Leute die finanziellen Möglichkeiten hatten, haben sie aus Brandschutzgründen aus Stein gebaut“, erklärte Jenisch. Gefunden wurden auch Baustrukturen, die auf Fachwerkhäuser aus dem zwölften Jahrhundert hindeuten. Jenisch geht davon aus, dass in der ersten Phase der Stadtgründung zunächst Fachwerkhäuser an der Straße gebaut wurden.

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Grabungsleiter Stefan Kaltwasser zeigt Keramikfunde mit deren Hilfe sich die Baustruktur auf die Zeit um das Jahr 1200 datieren lassen.

Woher wissen die Archäologen wie alt die Mauern sind? „Wir können die Baustrukturen über Keramikfunde zeitlich fassen“, erklärt Jenisch und Grabungsleiter Stefan Kaltwasser zeigt Reste von Gebrauchskeramik die in der Baugrube gefunden wurde. Die schwarze Färbung und die Runde Form deuteten auf das Hochmittelalter um das Jahr 1200 hin, erklärte Kaltwasser. Zuvor hätten die Tongefäße eher eine rötliche Terrakotta-Farbe. Im 13. Jahrhundert wären die Gefäße entsprechend der damaligen Mode eher eckig als rund.
Gefunden wurde in einem Anbau auch ein mittelalterlicher Backofen. Dieser wird von den Archäologen allerdings auf Mitte des 14. Jahrhunderts datiert. Die Datierung ermöglichte der Fund von Scherben eines Weinglases aus dem 14. Jahrhundert, eines so genannten Schaffhauser Bechers, der – so vermutet Jenisch – offensichtlich aus Schwarzwälder Produktion stammt. Ähnliche Becher habe man beispielsweise bei einer Glasmacherei bei Schopfheim-Gersbach gefunden.

Archäologische Ausgrabung Neuenburg
Dr. Bertram Jenisch zeigt die Scherben eines so genannten Schaffhauser Bechers, die beim mittelalterlichen Backofen gefunden wurden. Damit kann der Anbau mit dem Backofen auf das 14. Jahrhundert datiert werden.

Der Backofen habe womöglich zu einer Bäckerei oder auch zu einem Gasthaus gehört. „Der Backofen ist für ein normales Wohnhaus zu groß“, sagte Jenisch.
Direkt nebenan hat sich möglicherweise ein metallverarbeitender Betrieb, vielleicht eine Schmiede befunden. Darauf deutete der gefundene Teil eines Mörsers hin, in dem vermutlich Metallerze gepocht wurden.

Archäologische Ausgrabung Neuenburg
Hat sichtlich Freude an den Funden bei den Ausgrabungen in Neuenburg. Bertram Jenisch vom Landesdenkmalamt zeigt den Teil eines Mörsers, indem vermutlich Metallerze vor dem schmelzen gepocht wurden.

Jenisch geht davon aus, dass sich hier an der Schlüsselstraße Handwerker angesiedelt hätten. Diese sei so etwas wie „Geschäftslage 1a im Mittelalter“ gewesen. „Neuenburg war das Markt- und Produktionszentrum für das Umland“.

Archäologische Ausgrabung Neuenburg
Grabungsleiter Stefan Kaltwasser zeigt Keramikfunde mit deren Hilfe sich die Baustruktur auf die Zeit um das Jahr 1200 datieren lassen.

Literaturtipp: Archäologischer Stadtkataster Baden-Württemberg Bd. 27: Neuenburg am Rhein